Handbegegnungen

In der Freitagsgruppe begegneten sich Hände. Nichts anderes bedeutet das japanische Wort Kumite, ein Oberbegriff für sämtliche Paarkampfübungen, die den Trainingsschwerpunkt in den ersten Monaten des neuen Jahres bildeten. Freilich, an den Händen waren fast immer Personen befestigt – und diese galt es beim Kontern ja schließlich auch zu treffen.

Im Ippon-Kumite muss ein einzelner, möglichst präziser und blitzartiger Angriff abgewehrt und ein Gegenangriff durchgeführt werden. Angegriffen wurde im Training aus dem Stand oder der Bewegung, mit vorgegebenen und später auch freien Angriffstechniken. Doch wer will sich schon der geballten kinetischen Energie des Übungspartners entgegenstellen, die der halben Masse der Faust im Produkt mit dem Geschwindigkeitsquadrat entspricht? Gute Boxer können ihre Hand auf bis zu 90 m/s bzw. 300 km/h beschleunigen. Nimmt man jetzt 200 g für die Masse der Hand an, ergibt sich eine Energie von 810 Newton – das entspricht dem Gewicht eines erwachsenen Mannes, der auf dich niederprasseln würde. Koordination und Timing sind es, die im perfekten Zusammenspiel die Kraft des Gegners einfach weiterleiten können und uns vor der Wucht der Angriffe schützen.

Im weiteren Trainingsverlauf wurden die Techniken verknüpft: Als starres Gohon-Kumite mit fünf identischen Angriffen, als Sanbon-Kumite mit drei verschiedenartigen Angriffen oder in Form des Kaeshi-Kumites, bei denen beide Übungspartner abwechselnd Angriffe durchführen und blocken. Höhepunkt war der freie Übungskampf, das Randori. Chaos-Nehmen, so nennen es die Japaner – und tatsächlich erlebt man Randori am ehesten trefferfrei, wenn man ruhig und aufmerksam bleibt, sein Zanshin behält.

Die letzten Wochen vor dem Vereinslehrgang nutzte die Freitagsgruppe zur weitgehend selbstständigen Prüfungsvorbereitung. Grundtechniken wurden geflickt, Katas einstudiert und Bunkai-Sequenzen gebastelt. In allen Ecken der Halle war geschäftiges Treiben, auch wenn es bei der Gelbgurtfraktion manchmal verdächtig ruhig war und mehr an einen Lagerfeuerkreis als an ein Training erinnerte. Die Selbstverteidigung, die im September den Übungsschwerpunkt bildete, wurde ebenfalls aufgefrischt.